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Was darf Yelp?

16. Januar 2020

Das Bewertungsportal Yelp darf frei auswählen, welche Bewertungen von Nutzern für die Gesamtnote berücksichtigt werden- entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) am 14. Januar 2020 (Az. VI ZR 496/18).

Geklagt gegen Yelp hatte die Betreiberin eines Fitnessstudios. Eines ihrer Studios hatte lediglich die Gesamtnote 2,5 von fünf möglichen Sternen. Grundlage für diese schlechte Bewertung waren lediglich zwei Bewertungen. 24 weitere, vielfach sehr positive Bewertungen, hatte Yelp bei der Gesamtnote nicht berücksichtigt. Der BGH sah in diesem Verhalten von Yelp weder eine „Kreditgefährdung“ der Klägerin (§ 824 BGB) noch eine rechtswidrige Beeinträchtigung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB).

Die Entscheidung, welche Bewertungen für die Gesamtnote berücksichtigt werden, trifft bei Yelp ein Algorithmus. Alle Bewertungen werden automatisiert gewichtet, aber nur von Yelp „empfohlene“ werden unmittelbar angezeigt. Die übrigen Bewertungen lassen sich zwar auch anklicken; sie fließen jedoch nicht in die Gesamtbewertung ein. Nach welchen Kriterien der Yelp-Algorithmus arbeitet, muss nach Auffassung von Yelp geheim bleiben. Sonst bestehe die Gefahr, dass man Manipulationen im Internet schutzlos ausgeliefert wäre. Dem folgte der BGH, er sieht in dem Algorithmus ein geschütztes Geschäftsgeheimnis (vgl. Urteil vom 28.01.2014, Az. VI ZR 156/13). Seine Funktionsweise musste im Verfahren also nicht offen gelegt werden.

Bewertungen im Internet sind allgegenwärtig. Gleich ob Hotels, Gaststätten, Einkaufsshops, Friseure, Automechaniker, Ärzte oder eben Fitnessstudios – jede Ware und jede Dienstleistung kann bewertet werden. Meist geschieht das anonym. Viele Bewertungen sind jedoch schlicht erfunden. Es gibt sogar auf Bewertungen spezialisierte Agenturen, die gute und schlechte Bewertungen verkaufen (siehe unseren Beitrag vom 20. November 2019). Schlechte Bewertungen sind dann natürlich für die unliebsame Konkurrenz reserviert.

Yelp möchte solche Manipulationen nach eigenen Angaben durch seinen Algorithmus verhindern. Allerdings wurde das US-amerikanische Unternehmen deswegen auch schon kritisiert. Ihm wurde vorgeworfen, bei der Auswahl „empfohlener“ Bewertungen selbst nicht immer neutral zu sein und sie etwa von dem Schalten von Anzeigen im eigenen Portal abhängig zu machen. Yelp selbst bestreitet das.

Die Betreiberin des Fitnessstudios im BGH-Prozess begründete ihren Unterlassungsanspruch damit, dass nicht alle verfügbaren Daten in die Gesamtbewertung eingeflossen seien; außerdem sei das Verfahren intransparent und daher nicht überprüfbar.

Die BGH-Richter waren jedoch der Auffassung, das Bewertungsportal suggeriere nicht, „dass es sich bei dem angezeigten Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitnessstudio abgegebenen Beiträge handele“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Internet-Nutzer könnten der Gesamtnote entnehmen, wie viele Beiträge die Grundlage für den Durchschnittswert bildeten. Deshalb war die von der Klägerin angegriffene Bewertung weder eine „unwahre Tatsachenbehauptung“, die der Tatbestand des § 824 Abs. 1 BGB (Kreditgefährdung) voraussetzt, noch ein Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin. Ein Unternehmer müsse jedoch Kritik an seinen Leistungen grundsätzlich hinnehmen, so die Richter.

Tipp 1

Zwar ist der Algorithmus als Geschäftsgeheimnis geschützt. Wenn der Klägerin aber der Nachweis gelungen wäre, dass die Kriterien für die Auswahl einer Bewertung durch Yelp als „empfohlen“ unlauter sind, wäre die Entscheidung des BGH wohl anders ausgefallen.

Tipp 2

Hoffnung für Betroffene bietet die sogenannten P2P-Verordnung. Die Verordnung tritt ab 12.07.2020 in allen EU-Ländern in Kraft. Ihr Ziel ist es, Fairness und Transparenz bei großen Online-Plattformen herzustellen. Rankings sollen transparenter gemacht werden. Bewertungsportale sollen zum Beispiel dazu verpflichtet werden, offen zu legen, wenn das Ranking durch Zahlungen beeinflusst werden kann.