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Programmatische Ungleichbehandlung

15. Oktober 2021

Das Bewertungsportal Jameda darf Profile von Ärzten auch gegen deren Willen erstellen und veröffentlichen – entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) am 12. Oktober 2021 (Az. VI ZR 488 und 489/19).

Jameda wird nicht von allen Ärzten geschätzt. Zwei Zahnärzte aus Nordrhein-Westfalen verlangten von der Plattform, ihre personenbezogenen Daten zu löschen. Sie hatten kein kostenpflichtiges Paket bei Jameda gebucht und in ihre Aufnahme bei der Plattform auch nicht eingewilligt. Mit ihren Klagen verlangten sie die Löschung ihrer sogenannten Basis-Profile, die Jameda über jeden Arzt anlegt.

Ein solches Profil enthält neben Namen, akademischem Grad, Fachrichtung, Praxisanschrift noch weitere Kontaktdaten und Informationen zu Sprechzeiten. Nutzer von Jameda können die Ärzte dort außerdem bewerten. Aus diesen Bewertungen werden in unterschiedlichen Kategorien Durchschnittsnoten gebildet und aus diesen eine Gesamtnote. Jameda bietet Ärzten außerdem gegen Gebühren an, ihre Profile aufzuwerten, etwa durch Hinzufügen eines Fotos. „Basiskunden“ haben diese Möglichkeit nicht.

Das Landgericht Bonn hatte der Klage der Zahnärzte noch stattgegeben, doch das Oberlandesgericht (OLG) Köln sah die Sache schon anders.

Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG. Ihm zufolge erfüllt das Portal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion. Jameda kann sich auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit stützen. Dem gegenüber stehen die Persönlichkeitsrechte der Ärzte, insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. In dem Verfahren vor dem BGH hatten die Zahnärzte zudem mit einer unzulässigen Benachteiligung von Basisprofilen argumentiert und 24 „Premium-Merkmale“ beanstandet.

Diese Benachteiligung sah der BGH in diesem Fall jedoch nicht. Einen allgemeinen Anspruch auf Gleichbehandlung für zahlende und nicht zahlende Ärzte gebe es nicht. Allerdings ließ der BGH auch durchblicken, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, also nicht verallgemeinerbar ist. Dass Jameda sich seiner Sache alles andere als sicher war, sieht man daran, dass die Plattform vorsichtshalber einige der von den Klägern kritisierten Punkte geändert hatte. Die schriftliche Urteilsbegründung des BGH liegt noch nicht vor.

Tipp 1

Datenschutzrechtlich ist das Geschäftsmodell von Jameda aus Sicht des BGH nicht unproblematisch. Denn durch die Differenzierung zwischen kostenfreien und zahlungspflichtigen Arztprofilen hat Jameda seine Stellung als neutraler Informationsvermittler verlassen, wie das Gerricht bereits 2018 entschieden hat.

Tipp 2

Jeder Fall ist anders. Deshalb lohnt sich eine individuelle rechtliche Prüfung, wenn eine Bewertung als ungerechtfertigt angesehen wird.