Jameda muss Ärztin aus Portal löschen
Das Ärztebewertungsportal Jameda muss die Daten einer Kölner Ärztin komplett löschen – hat der Bundesgerichtshof am 20. Februar 2018 entschieden (zur Pressemitteilung).
Niemand lässt sich gerne benoten. Noch dazu von einem Kritiker, der anonym ist. Bewertungsportale im Internet sind weit verbreitet, und der Bundesgerichtshof (BGH) hält sie grundsätzlich für wichtig und schützenswert. Sie sind Ausdruck der freien Bildung und Äußerung der Meinung. Der Umstand, dass der Bewerter anonym ist, ändert daran nichts.
Die Antwort lautet nein. Grundlage der Entscheidung des BGH war eine datenschutzrechtliche Vorschrift: § 35 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Das Gericht sah das Recht der Ärztin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten als schützenswerter an als das Recht von Jameda auf freie Meinungsäußerung.
Nach Auffassung des Gerichts hat Jameda nämlich aufgrund seines Geschäftsmodells seine Stellung als „neutraler Informationsmittler“ verlassen. Deshalb wurde das Recht auf freie Meinungsäußerung geringer gewichtet als der Datenschutz.
Jameda bietet als Basis nicht nur Informationen zu Ärzten an (etwa Name, Anschrift, Kontaktdaten, Fachrichtung). Gegen ein Entgelt können Ärzte ihr Profil durch ein Foto und zusätzliche Informationen aufhübschen und werden bevorzugt behandelt. Der eigentliche Clou daran ist, dass Ärzte, die zahlen, automatisch mit ihrem Profil erscheinen, wenn sich ein Patient eigentlich nur das Profil eines nicht zahlenden Arztes anzeigen lassen will. Zusätzlich macht Jameda noch Angaben, wie weit die Praxis des zahlenden „Premium-Arztes“ von der des nicht zahlenden Kollegen entfernt ist. Umgekehrt erscheinen beim Aufruf zahlender Ärzte keine nicht zahlenden Konkurrenten.
Bewertungsportale wie Jameda verarbeiten personenbezogene Daten. Das ist nach geltendem Datenschutzrecht nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Das Datenschutzrecht kennt zwar Ausnahmen, etwa für Medien. Auf diese Ausnahmen können sich auch Bewertungsportale berufen – sofern sie „neutrale Informationsmittler“ sind. Entfernen sie sich von dieser Funktion, gewinnt der Datenschutz gegenüber der Meinungsfreiheit an Gewicht. Es war also letztlich die Marketing-Strategie, die Jameda in diesem Fall schadete. Nach Verkündung der Entscheidung hat Jameda auch gleich reagiert und das umstrittene zwei Klassen-Modell abgeschafft. Gleichzeitig verkündete Jameda, dass Patienten dort auch künftig alle niedergelassenen Ärzte Deutschlands finden – inklusive anonymer Benotung.
Tipp 1
Zwar können sich Unternehmen nicht prinzipiell anonymen Bewertungen im Internet entziehen. Aber es gibt Möglichkeiten, gegen falsche Bewertungen vorzugehen, etwa wenn sie frei erfunden sind.
Tipp 2
Auch datenschutzrechtliche Vorschriften bieten Möglichkeiten, sich gegen Bewertungen zu wehren.