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Wer ändert haftet

12. April 2017

Der Betreiber einer Plattform zur Bewertung von Kliniken macht sich die Bewertung eines Patienten zu eigen, wenn er sie ohne Rücksprache mit ihm verändert – entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH).

Bewertungsportale beschäftigen die Gerichte seit geraumer Zeit . Ob Lehrerbewertungs- oder Ärztebewertungsportale – immer wieder kommt es zum Streit über Erfahrungsberichte.

Klinik verlangt Löschung

Die Klägerin betreibt eine Klinik für HNO- und Laser-Chirurgie. In ihr wurde ein Patient behandelt, bei dem es zu Komplikationen kam. 36 Stunden nach einem Eingriff und erst nach der Verlegung in ein anderes Krankenhaus, wurde bei dem Patienten eine Sepsis festgestellt. Der Patient behauptete in seiner Bewertung jedoch, es sei „bei“ einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen.

Die Klinik forderte den Betreiber der Plattform auf, die Bewertung zu entfernen. Der Plattformbetreiber veränderte daraufhin – ohne Rücksprache mit dem Patienten – dessen Bewertung. Darüber informierte der Betreiber der Plattform die Klinik; außerdem teilte er mit, dass er weitere Änderungen für nicht erforderlich halte. Darauf verklagte die Klinik den Plattformbetreiber.

BGH bestätigt die Entscheidungen der Vorinstanzen

Die Klinik gewann den Prozess in den ersten beiden Instanzen und war jetzt auch vor dem BGH erfolgreich.

Als wesentlich erachtete der BGH. Wesentlich dafür war, dass der Portalbetreiber sich die Bewertung des Patienten durch die Änderungen zu eigen gemacht hat. Durch die eigenmächtige Änderung der Bewertung habe der Betreiber die inhaltliche Verantwortung für die angegriffene Bewertung übernommen.

Tipp 1

Die Entscheidung fügt sich ein in die bisherige Rechtsprechung des BGH über das Zu-Eigen-Machen fremder Äußerungen im Internet (vgl. BGH GRUR 2009, 1093 – Focus Online; GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de). Betreiber einer Webseite machen sich deren Inhalte dann zu eigen, wenn sie nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf der Internetseite veröffentlichten Inhalte übernehmen. Für ein Zu-Eigen-Machen spricht, dass der Betreiber einer Plattform „user generated content“ vor Veröffentlichung kontrolliert oder den Inhalt in das eigene redaktionelle Angebot einbindet.

Tipp 2

Wenn sich Betreiber von Plattformen Äußerungen nicht zu eigen machen, haften sie grundsätzlich nicht, auch wenn dort rechtswidrige Tatsachenbehauptungen verbreitet werden. Das ändert sich dann, wenn sie ihnen obliegende Prüfpflichten verletzen. Das ist der Fall, wenn der Plattformbetreiber Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und die Bewertung dennoch nicht beseitigt (vgl. BGH, GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal).