Dr. Oliver Stegmann
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Wenn Recht an Ländergrenzen scheitert
Unterlassungsansprüche im Internet stoßen an nationale Grenzen – auch innerhalb der EU. So entschied das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) Hamburg im November 2024 (Az. 7 W 119/24), dass die rechtswidrige Nennung eines Namens in einem Social-Media-Profil nur deutschlandweit verboten werden kann.
Der Sachverhalt
Im zugrundeliegenden Fall sah der Antragsteller sein Namensrecht verletzt, weil sein Name in einem Profil und in Posts auf der Plattform „X“ veröffentlicht wurde und forderte „X“, die Antragsgegnerin auf, die Veröffentlichung seines Namens im gesamten EU-Gebiet zu unterlassen. Das Landgericht Hamburg gab dem Antrag statt, denn die angegriffene Nutzung des Namens des Antragsstellers verletze das Namensrecht des Antragstellers als Ausprägung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die Unterlassungsverpflichtung sei aber beschränkt auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
EU-weites Verbot?
Auch das OLG Hamburg lehnte ein EU-weites Verbot in der Folgeinstanz ab. Es fehle an einer rechtlichen Grundlage für eine unionsweite Untersagung. Das deutsche Namensrecht sowie der einschlägige Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, 2 BGB seien rein nationale Vorschriften. Ohne eine EU-weite Harmonisierung bleibe die Durchsetzbarkeit von Unterlassungsansprüchen daher grundsätzlich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt.
Fehlende Vollharmonisierung
Eine Vollharmonisierung, wie sie etwa im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) besteht, fehlt hier. Das gilt auch dann, wenn der Antragssteller seinen Anspruch auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) stützt. Zwar gilt die EMRK in der gesamten EU, ein unmittelbarer Unterlassungsanspruch ergibt sich aus ihr jedoch nicht. Vielmehr fließt sie über § 823 Abs. 2 BGB in das deutsche Recht ein, der keine grenzüberschreitende Wirkung entfaltet.
Mosaiktheorie
Nach der sogenannten Mosaiktheorie des Europäischen Gerichtshofs kann ein Betroffener zwar grundsätzlich in jedem Land klagen, in dem die Inhalte abrufbar sind und er sich in seinen Rechten verletzt sieht. Im Rahmen von Schadensersatzansprüchen ist ein Gericht stets international zuständig, sollte der Schaden auch im Territorium des Gerichts eingetreten sein – allerdings auch beschränkt auf den Schaden innerhalb des Territoriums. Ein Gericht ist demnach nur zuständig, wenn und soweit die Auswirkungen für den Betroffenen in dem Land spürbar sind.
Geltung auch für den Unterlassungsanspruch?
Ob die Mosaiktheorie auch auf Unterlassungsansprüche anzuwenden ist, ist bislang nicht abschließend entschieden. Der Beschluss des OLG Hamburg legt jedoch nahe, dass es die Theorie entsprechend anwendet. Andernfalls wäre ein Betroffener außerhalb der nationalen Grenzen weitestgehend schutzlos gestellt, und die rechtsverletzenden Inhalte wären in anderen Ländern sanktionslos abrufbar.
Namensschutz ja – europäische Reichweite nein
Die Entscheidung verdeutlicht: Nationale Unterlassungsansprüche bieten Schutz – stoßen jedoch an Landesgrenzen. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Reichweite der Verbreitung rechtswidriger Inhalte in sozialen Medien regelmäßig weltumspannend ist.
Ein EU-weiter Schutz ist nur möglich, wenn das Recht europaweit einheitlich geregelt ist. Wer darüberhinausgehenden Schutz möchte, muss in den jeweiligen Ländern gegen die rechtswidrigen Inhalte vorgehen.
Mitarbeit: Annika Vollrath
Tipp 1
Veröffentlichungen im Internet machen an Ländergrenzen nicht Halt.
Tipp 2
Prüfen Sie daher genau, in welchen Ländern Sie von möglichen Auswirkungen betroffen sein könnten.
Tipp 3
Das Internet kennt keine Grenzen – das Recht schon. Gerade deshalb ist es so wertvoll, dass Ihnen FAKE*away Rechtsexperten im gesamten DACH-Raum zur Verfügung stellt.