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Dr. Oliver Stegmann

Unzulässige Ein-Stern-Bewertung

9. August 2023

Bewertet ein Mitbewerber einen Konkurrenten mit einem von fünf möglichen Sternen ist das unzulässig, wenn es keine Grundlage für die Bewertung gibt – entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) Köln (Az. 6 U 83/22)

Oft stecken Wettbewerber hinter schlechten Bewertungen. Diese Erfahrung machte auch die Betreiberin eines IT-Systemhauses. Sie erhielt bei Google eine Ein-Stern-Bewertung ohne Text. Urheber der Bewertung: der Mitarbeiter eines konkurrierenden IT-Unternehmens.

Revanche mit Ein-Stern-Bewertung

Hintergrund der Bewertung war ein von dem konkurrierenden IT-Unternehmen durchgeführter Workshop zum Thema Internetsicherheit. Für diesen Workshop hatten sich mehrere Mitarbeiter des bewerteten Unternehmens, der Klägerin, angemeldet. An dem Workshop nahm dann aber nur ein Mitarbeiter des Unternehmens der Klägerin teil. Nach der Veranstaltung verlangte die Klägerin von dem Veranstalter des Workshops auch noch eine DSGVO-Auskunft über die gespeicherten Daten. Kurz darauf stellte die Klägerin fest, dass ein Mitarbeiter des Unternehmens, das den Workshop durchgeführt hatte, die streitgegenständliche Ein-Stern-Bewertung ohne Begleittext abgegeben hatte.

Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz

Die Klägerin forderte von dem Rezensenten persönlich Unterlassung, Auskunft und Erstattung von Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht Köln hatte die Klage noch mit der Begründung abgewiesen, es handele sich bei der Bewertung um eine zulässige Meinungsäußerung.

OLG Köln verurteilt

Das OLG Köln sah das anders und bejahte einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1 UWG. Begründung: Die Bewertung setze die geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin pauschal herab.

Bewertung als geschäftliche Handlung

Die Bewertung war nach Auffassung des OLG eine geschäftliche Handlung i.S.d. UWG. Der Rezensent habe sich als leitender Verkaufsmitarbeiter einer Wettbewerberin durch die Veröffentlichung selbst in ein Wettbewerbsverhältnis zur Klägerin gestellt. Dem OLG zufolge reichte das aus.

Schmähkritik

Die Kritik in Gestalt der Ein-Stern-Bewertung falle unter § 4 Nr. 1 UWG. Es handele sich um eine unzulässige auf das Unternehmen der Klägerin bezogene Schmähkritik. Ein beruflicher Kontakt zwischen dem Beklagten und der Klägerin sei aus der Bewertung nicht ersichtlich. Dies wäre aber erforderlich, damit die Bewertung vom angesprochenen Verkehr richtig eingeordnet werden könne. Denn Bewertungen unternehmerischer Leistungen bei Google würden vom Leser der Bewertung nicht als reine Meinungsäußerung verstanden, sondern als persönliche Bewertung einer tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstleistung. Die Bewertung baue also auf einer Tatsachengrundlage auf, auf deren Grundlage die subjektive Bewertung erfolge.

Zwar habe es einen beruflichen Kontakt zwischen den Beteiligten gegeben. Dieser sei als Grundlage der Bewertung aber nicht zu erkennbar gewesen. Der angesprochene Leser der Rezension erkenne nicht, dass nicht die Dienstleistungen der Klägerin, sondern Umstände bewertet wurden, die mit den Leistungen der Klägerin nichts zu tun hätten. Eine Dienstleitung der Klägerin habe der verklagte Rezensent aber nicht genutzt.

Tipp 1

Bewerten darf nur, wer bewerten kann. Auch wenn es sich bei einer Ein-Stern-Bewertung grundsätzlich um eine Meinungsäußerung handelt, enthält sie immer eine nachprüfbare Tatsachengrundlage. Wenn diese Grundlage nicht der Wahrheit entspricht, ist auch die Meinung hinfällig.

Tipp 2

Nur derjenige kann sich eine Meinung von einem Unternehmen bilden, der mit dessen Leistungen in Kontakt gekommen ist. Ein berechtigtes Interesse, eine nicht in Anspruch genommene Leistung zu bewerten, gibt es nicht.

Tipp 3

Aus Bewertungen muss deren Kontext hervorgehen. Wird der Kontext nicht offenbart, stellt die Bewertung – bei im Wettbewerb stehenden Unternehmen –eine pauschale Herabsetzung eines Mitbewerbers i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG dar. Aber: Die streitgegenständliche Bewertung wäre auch nach § 823 Abs. 1 BGB unzulässig gewesen, so dass die Beteiligten nicht einmal Wettbewerber sein müssen.